Esel oder Elefant? Frau oder Mann? Altbekanntes oder Neuland? Am 05. November 2024 findet zum 60. mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten die Wahl des US-Präsidenten statt.[1] Macht der republikanische Präsidentschaftskandidat und Ex-Präsident Donald Trump erneut das Rennen, oder kommt die Kandidatin der Demokraten und derzeitige Vizepräsidentin, Kamala Harris, als erste Frau an die Spitze der Vereinigten Staaten? Welche Auswirkungen hat das Wahlergebnis auf die Wirtschaft? Und sollte man sein Portfolio je nach Wahlausgang anders ausrichten?
Der Wahlkampf bleibt wirtschaftsorientiertÂ
Wirft man einen Blick auf die Dringlichkeitsliste der wichtigsten Wahlthemen, stehen die Themen Inflation und Einwanderung an oberster Stelle der US-Wähler, gefolgt von Jobs und Wirtschaft an dritter Stelle.[2]
Der Wahlkampf zwischen Trump und Harris scheint sich jedoch eher um Steuerabgaben und Importzölle zu drehen. Von beiden Kandidaten wird erwartet, hier eine protektionistische Politik zu verfolgen. Während Trump von Zöllen spricht, die mindestens zehn Prozent auf Importe in die USA betragen sollen, ist Harris weniger konkret. Von ihr erwartet man tendenziell eine Fortsetzung der Politik des amtierenden US-Präsidenten Joe Biden.[3] Biden beließ den Großteil der Zölle seines Vorgängers Donald Trump unberührt oder erhöhte sie im Falle einiger chinesischer Waren sogar.[4] Höhere Preise auf importierte Waren könnten es jedoch schwieriger machen, die Inflation nachhaltig in den Griff zu bekommen. Kamala Harris möchte zudem die Unternehmenssteuern von 21 Prozent auf 28 Prozent erhöhen, was vielleicht ein Grund dafür sein könnte, dass Trump an der Wall Street als der für die Wirtschaft freundlichere Kandidat gehandelt wird.[5]
Die Vereinigten Staaten, Land der unbegrenzten Schulden?
Neben einigen Differenzen haben beide Kandidaten auch etwas gemeinsam: Harris und Trump scheinen sich wenig Sorgen über die eigenen Staatsschulden zu machen. Die hohen Ausgaben des Staates sind – wie die obige Grafik zeigt – auch für die Wähler bislang nur ein Randthema. Dabei hat sich hier in den vergangenen 15 Jahren einiges getan. Seit der Finanzkrise im Jahr 2008 wuchs die Verschuldung des Staates von rund 62 Prozent auf über 120 Prozent an.[6] Seit dem Jahr 2001 gibt der US-Staat mehr aus, als er einnimmt. Im Jahr 2023 erzielte er trotz eines verhältnismäßig starken Wirtschaftswachstums von +2,9 Prozent[7] ein Defizit von 6,1 Prozent der Wirtschaftsleistung. Demzufolge übersteigen die Ausgaben der US-Regierung ihre Steuereinnahmen um mehr als sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts.[8]
Laut einer aktuellen Analyse der University of Pennsylvania[9] wird erwartet, dass die Steuer- und Ausgabenpläne von Donald Trump die Staatsverschuldung der USA weiter belasten könnten. Trump plant unter anderem, die im Jahr 2017 eingeführten Steuersenkungen dauerhaft zu verlängern und zusätzliche Steuererleichterungen, wie die Befreiung von Sozialversicherungsbeiträgen, umzusetzen. Diese Maßnahmen könnten das Haushaltsdefizit in den nächsten zehn Jahren um bis zu 5,8 Billionen US-Dollar erhöhen. Doch auch Kamala Harris’ Ansatz könnte das Defizit in einem moderateren Ausmaß vergrößern. Somit bleibt auch bei den Demokraten die langfristige Finanzierung durch künftige Generationen ein Thema, das für Diskussionen sorgen könnte.[10]
Unbekannte Variablen – der US Kongress, die Fed und die Geopolitik
Neben den Plänen der beiden Präsidentschaftskandidaten darf auch die Wahl des US-Kongresses nicht außer Acht gelassen werden. Das Repräsentantenhaus wird alle zwei Jahre neu gewählt, also gleichzeitig mit der Präsidentschaftswahl. Der Kongress spielt eine zentrale Rolle in der Gesetzgebung: Beide Kammern, das Repräsentantenhaus und der Senat, müssen neuen Gesetzen zustimmen. Wenn die Mehrheit im Kongress gespalten ist, also eine Partei das Repräsentantenhaus und die andere den Senat kontrolliert, kann es zu politischen Blockaden kommen. Das könnte wichtige Vorhaben der Präsidentschaft – wie Steuer- und Ausgabenpläne – stark verzögern oder sogar verhindern. Welche Partei die Mehrheit im Kongress hat, bestimmt somit, wie gut der gewählte Präsident seine Ziele tatsächlich umsetzen kann.[11]Â
Hinzu kommen Entscheidungen wie die der Federal Reserve Bank, die ihrerseits versucht, eine von beiden Lagern unabhängige Geldpolitik umzusetzen und geopolitische Entwicklungen, die einen großen Einfluss auf die Wirtschaft nehmen können, sich aber für keines der Lager sicher prognostizieren lassen.Â
Der Blick zurück
Aufgrund der genannten Parameter scheint es schwierig, die Auswirkungen einer Wahl vorherzubestimmen und sein Depot entsprechend danach auszurichten. Doch was zeigt der Blick in die Vergangenheit? Der Einfluss von Wahljahren auf die langfristigen Renditen am US-Aktienmarkt scheint weniger groß, als man durch die mediale Tragweite des Themas meinen könnte. Die Entwicklung des S&P 500 Index, welcher die nach Streubesitz-Marktkapitalisierung größten Unternehmen der USA abbildet, zeigt, dass zwischen den Jahren 1945 und 2020 - dem letzten Wahljahr - der Index eine Rendite von +7,4 Prozent erzielte. Streicht man die 19 Wahljahre aus diesem Zeitraum heraus, liegt diese bei +7,2 Prozent.[12] Â
Aber auch in Wahljahren finden Entwicklungen statt, die langfristig relevanter für die Entwicklung der Märkte sein könnten als die Änderung der Marschrichtung durch einen neuen Präsidenten. Zum Beispiel fiel das Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 und auch die globale Finanzkrise im Jahr 2008 auf ein Wahljahr. Beide Entwicklungen erzeugten einschneidende Auswirkungen auf die Börsen.
Politische Börsen haben kurze Beine.
Die Entwicklung der Wirtschaft scheint in der Regel wichtiger für Aktienmärkte als politische Ereignisse. Heißt: Politik sollte man Politik sein lassen und das eigene Portfolio entsprechend besser langfristig aufstellen, diversifiziert über verschiedene Regionen, Branchen und Anlageklassen.
Exkurs
Nochmal zurück zum US-Aktienmarkt. Wusstest du, dass die Konzentration einzelner Unternehmen und Sektoren im S&P 500 Index derzeit auf einem relativ hohen Niveau liegt? Die fünf größten Unternehmen des S&P 500 machen zusammen etwa 27 Prozent des gesamten Index aus. Grund hierfür ist die hohe Marktkapitalisierung der Unternehmen.[13] Die Marktkapitalisierung ist ein Maß für die Größe börsennotierter Unternehmen, die sich durch den Preis je Aktie und die Anzahl ausgegebener Aktien zusammensetzt. Für Anleger in einen S&P 500 ETF ergibt sich aus dem hohen Anteil dieser fünf Unternehmen ein gewisses Klumpenrisiko. Entwickeln sich die großen Unternehmen gut, profitiert der Index davon entsprechend. Entwickeln sie sich dagegen weniger erfreulich, könnte auch der Index stärker in Mitleidenschaft gezogen werden. Wer in den US-Aktienmarkt ohne dieses Klumpenrisiko investieren möchte, könnte stattdessen einen ETF auswählen, in dem die Unternehmen nicht nach Marktkapitalisierung gewichtet, sondern auf ein einheitliches Gewicht verteilt werden. Ein Beispiel hierfür bietet der S&P 500 Equal Weight Index, in dem die 500 größten börsennotierten Unternehmen der USA enthalten sind. Die Top-5 Unternehmen des Index machen hier gerade einmal 1,24 Prozent aus.[14]Â
Ob mit Klumpenrisiko oder ohne, ob mit Trump als Wahlsieger oder mit Harris: Die Börsen werden ihren eigenen Weg finden. Wer die Wahl ohnehin gelassen nimmt und sich bis dahin ein paar nützliche Tipps zur Geldanlage anhören möchte, den laden wir herzlich ein, sich im Expedition Investment Podcast die geballte Kompetenz zweier Experten anzuhören. Denn in Folge 10 haben Heike Fürpaß-Peter (Geschäftsführerin Morgenfund) und Simon Klein (Global Head Xtrackers Sales) einige spannende Fragen zu ETFs, Aktien, Anleihen, Kryptowährung und neuen Megatrends beantwortet.